Courage-Tag 2021

Ein Tag für mehr Mut und weniger Ausgrenzung und Diskriminierung

Am 12.07.2021 war es endlich soweit, die Durchführung des ersten Courage-Tages an der IGS Oyten startete. Dabei war die Organisation im Vorfeld nicht immer leicht. Die Planung für den Aktionstag begann bereits im Januar 2021 im Rahmen der AG „Soziales Lernen“. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht klar, in welchem „Szenario“ sich die Schule im Juli befinden würde. Aus diesem Grund wurden hauptsächlich externe Referent:innen gesucht, die ihre Angebote auch auf digitalem Wege durchführen können. Gut lässt sich dies mit Lesungen machen, daher waren wir sehr froh, gleich 4 davon auf unsere Liste setzen zu können. Auch das Theaterstück „Name: Sophie Scholl“ hatte sich bereits auf ein digitales Angebot eingestellt.

Doch warum sollte es diesen Tag überhaupt geben? Es hat ja nicht mal jeder Unterricht in diesem Schuljahr stattgefunden, wieso dann so ein Aktionstag?

Die IGS Oyten ist „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ seit 2015, nicht weil die Plakette so schön aussieht, sondern weil ein großer Teil der damaligen Schüler:innen und Lehrkräfte an dieser Schule zu diesem Zeitpunkt der Meinung waren, dass dieses Thema wichtig für die IGS ist. Diese Haltung vertreten heute noch viele Schüler:innen und Mitarbeitende an dieser Schule und es ist ihre Aufgabe, diese Haltung an die neuen Schülergenerationen weiterzugeben.

Zudem haben Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung, Mobbing und Hass leider auch durch Corona keine Pause gemacht. Im Gegenteil, an manchen Punkten haben sich die Probleme verstärkt, wie beim Antisemitismus zum Beispiel. (siehe z.B.: https://www.tagesschau.de/investigativ/br-recherche/corona-antisemitismus-101.html )

Mit dem Courage-Tag haben nun alle Schüler:innen die Möglichkeit bekommen, sich über einen oder mehrere Workshops einen Tag lang mit den vielfältigen Themen rund um Antidiskriminierung, Rassismus und Courage zu beschäftigen.

40 Workshops gab es insgesamt, über einige der Angebote wollen wir ein bisschen näher berichten.

Wir beginnen bei A wie …

 

„Auf dem rechten Weg“
Aiko Kempen ist Literaturwissenschaftler und Musiker, arbeitet als Investigativ-Reporter und recherchierte Rassismus-Fälle bei der deutschen Polizei.
Für die Jahrgänge 11 und 12 war er via Videokonferenz den Schüler:innen zugeschaltet, um mit ihnen über sein Buch und seine Arbeit zu sprechen.
Insgesamt 12 Schüler:innen saßen mit 2 Lehrern im Klassenraum in dem Herr Kempen über die interaktive Tafel zugeschaltet worden war.
„Auf dem rechten Weg – Rassisten und Neonazis in der deutschen Polizei“ heißt das Buch, dass Aiko Kempen 2020 verfasst hat.
Unseren Schüler:innen las er daraus vor, über Polizeichats mit rechtsextremen Inhalten, rassistische Misshandlungen von Verdächtigen, illegale Datenabfragen und einiges mehr. Damit beleuchtete er den Vorwurf an die Polizei, bei der Strafverfolgung auf dem rechten Auge blind zu sein.
Aiko Kempen hat mit Menschen gesprochen, die Opfer rassistischer Polizeigewalt wurden. Er interviewte aktuelle und ehemalige Polizisten, Polizeiforscher und Ausbilder. Er besuchte Polizeischulen, war bei Einsatztrainings mit dabei und verfolgte Gerichtsprozesse gegen Polizisten.
Davon berichtete er unseren Schüler:innen und war bereit, ihre Fragen zu beantworten.
Im Anschluss wählten viele Schüler:innen den Workshop „Und wo kommst du her? – Rassismus und Diskriminierungen im Alltag“ von Lehrerin Lydia Drewal und Lehrer Axel Voigt. Hier bot sich die Gelegenheit mal zu ergründen, wo überall in unserer Gesellschaft und unserem Alltag Ausgrenzung und Diskriminierung aufgrund unveränderlicher persönlicher Merkmale stattfindet, ohne dass wir dies überhaupt bemerken. Unter anderem ging es um wissenschaftliche Lexika, in denen Beispielbilder ausschließlich mit Menschen heller Hautfarbe zu finden sind und um Kameras, die in ihrer Belichtungstechnik auf Menschen mit weißer Haut eingerichtet sind. (siehe z.B.: https://www.tagesspiegel.de/wissen/rassismus-in-der-wissenschaft-kann-technik-rassistisch-sein/20261290.html)
Das Fazit einer Schülerin: „Über so etwas müsste man viel öfter sprechen.“

 

„Alles über Anne – Eine digitale Führung durch das Anne-Frank-Zentrum in Berlin“
„Wer war Anne Frank?“ und „Was verbindet ihre Geschichte mit heute?“ waren nur 2 Fragen, die die Schüler:innen aus den Klassen 5, 6 und 8 durch das Anne-Frank-Zentrum leiteten. Direkt aus Berlin in die Klassenräume geschaltet, warteten 2 Peer-Guides auf die Kinder, um ihnen die Ausstellung und die Thematik näher zu bringen.
Die Führung wird im Rahmen des „Anne-Frank-Tages“ angeboten, als Alternative für Klassenbesuche im Anne-Frank-Zentrum in Berlin. (Siehe auch: https://www.annefranktag.de/anne-frank-tag/)
Die Geschichte von Anne Frank war den allermeisten Schüler:innen vorher nicht bekannt. So fiel das Fazit der Kinder auch sehr unterschiedlich aus: „Gruselig!“ sagte die eine Schülerin, „Sehr interessant und gut zu wissen!“ sagte eine andere. Das Fazit der begleitenden Lehrkräfte war in jedem Fall: „Das war eine gute Führung, doch die enge persönliche Begleitung der Kinder dabei, ist sehr wichtig.“

 

„Demokraffiti - Let`s color the world“
Wie geht Demokratie?Auf der Skateranlage neben der Schule, konnte man auf Schüler:innen der 8. Klasse und auf 2 Teamer:innen von ContRa e.V. treffen. Der Workshop drehte sich allerdings nicht um Flips und Slides, sondern eher um die Frage „Was hat Graffiti mit Demokratie zu tun?“ und was ist „Demokratie“ eigentlich?

couragetag_bild_2Dabei gab es für die Schüler:innen viel zu tun: Nach dem gegenseitigen Kennenlernen näherten sie sich dem Thema mit Übungen und im Anschluss entwarfen sie ihre eigenen Graffitis für die dafür freigegebenen Flächen auf der Skateranlage.

Dafür nutzten sie zum Teil selbst gestaltete Schablonen.couragetag_bild_3

Bild 1: „Wie geht Demokratie?“
Bild 2: Was wollen wir sprühen und wie?
Bild 3: Bunt ist wichtig.

 

 

„Escape the hate“ – Find Courage (Workshop von Kathrin Manthey und Sabrina Abbas)
Gleich morgens, kamen die Schüler und Schülerinnen zusammen zu einer kurzen Kennenlernrunde.
Bevor es an das Spiele-Erfinden ging, wurde darüber gesprochen was eigentlich Courage und Rassismus sind und weshalb heute in der gesamten Schule ein Courage-Tag stattfindet.
Auffällig war, dass die Schüler:innen wenig Zugang zu diesem Thema hatten und erst durch verschiedene Beispiele ein Bild bekommen mussten, worüber wir eigentlich sprechen. Das war jedoch kein Problem beim Erfinden der Spiele.
couragetag_bild_4Die Großgruppe teilte sich in vier Kleingruppen auf und sie waren alle mit Eifer dabei. Sie diskutierten und entwarfen Skizzen bevor sie ihre Ideen auf das Spielbrett übertrugen. Es war schön mit anzusehen mit welcher Ernsthaftigkeit und auch teilweise Betroffenheit die Schüler und Schülerinnen mit diesem Thema umgegangen sind. Alle Schüller und Schülerinnen haben am Ende des Tages ein fertiges Spiel zum Thema „Escape the hate - Find Courage“ fertigstellen können und jede Gruppe konnte am Ende ihr eigenes Spiel spielen. In der Abschlussrunde wurden die Spiele kurz allen vorgestellt. Im Anschluss gab es eine Feedback-Runde, die komplett positiv ausfiel. Rückmeldung der Schüler und Schülerinnen waren unter anderem „Mir war gar nicht so klar, dass wir auch viel Alltagsrassismus haben“ oder „Ich wusste erst nicht was Courage bedeutet“, „Jetzt weiß ich, dass auch Ausgrenzung, eine Art Rassismus ist“. Im Ganzen ist der Workshop sehr gut gelungen. (Bericht von Sabrina Abbas, Schulsozialarbeit und Jugendkoordination)

 

„Hope! - Dance-Challenge mit Tik Tok-Star Bovann“
Sehr zum Leidwesen der jüngeren Schüler:innen, war dieser Workshop für die Jahrgänge 8, 9 und 12 ausgeschrieben. Was allerdings nicht hieß, dass in den Pausen nicht eine Menge Selfies mit dem Musiker, Tiktoker und Entertainer gemacht werden konnten.
Während des Workshops hieß es hingegen: Handys weg und Hintern hoch, denn hier ging es nicht darum Videos anzuschauen, sondern selbst zu tanzen. „Hope!“ ist ein Song von Culcha Candela, gefeatured von Bovann und wer ihn hört, kommt um das Tanzen sowieso nicht herum: https://youtu.be/1wkbbtbhgN0
Fazit unserer Schüler:innen: „Cool!“

„Olivia macht Schule“ – Nachhilfe für Toleranz, Vielfalt und Respekt mit Veuve Noire

Ein Travestie-Künstler in unserer Schule? Was macht der da?
• Aufklären! Über Vielfalt, Respekt und einen guten Umgang miteinander.
couragetag_bild_5Veuve Noire, die man sonst eher in den späteren Stunden des Tages antreffen kann, kam eigens für unseren Courage Tag mit dem Zug angereist, um mit einigen 8.-Klässlerinnen über die Themen Vielfalt, Toleranz und Vorurteile zu sprechen. Dabei kam der Spaß aber ganz gewiss nicht zu kurz, denn auch, wenn die Geschichte von Veuve Noire nicht immer einfach war, ihren Humor hat sie dabei sicher nicht verloren.
Im Gespräch mit den Jugendlichen ging es nicht nur um die Frage „Was ist Diversity?“, sondern auch um Veuves eigene Geschichte, mit der sie den Kindern Mut machen will, ihren eigenen Weg zu gehen.
Die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Teinehmer:innen war Veuve während des 90-minütigen Besuches jedenfalls gewiss und das Fazit einiger Schüler:innen lautete: „Einfach nur toll!“.

 Wer mehr über die Aktion „Oliva macht Schule“ erfahren möchte: https://www.olivia-jones.de/olivia-macht-schule/

Insgesamt, blicken wir auf einen gelungenen und wichtigen Tag gegen Ausgrenzung, Diskriminierung und für Courage zurück. Es gibt Überlegungen, diesen Tag jährlich zu wiederholen, für diesen Fall gab es in diesem Jahr organisatorisch, sowohl technisch, als auch inhaltlich so einiges zu lernen, was dann im nächsten Jahr auf jeden Fall Anwendung finden wird.
Zum Schluss möchten wir uns noch ganz herzlich bei denen Bedanken, die diesen Tag finanziell unterstützt haben:
• WABE, Das Weser-Aller-Bündnis: Engagiert für Demokratie und Zivilcourage
• SchulZe e.V., der Eltern-Förderverein er IGS Oyten
• Oyten ist bunt – Bündnis für Demokratie
Dank geht auch an die vielen tollen externen Referent:innen und natürlich auch an alle Lehrer:innen und Pädagogischen Mitarbeiter:innen, sowie Schulsozialarbeiter:innen unserer Schule, die den Tag so bunt und engagiert ausgefüllt haben, wie man es nach so einem anstrengenden und chaotischen Jahr kaum für möglich gehalten hätte.
DANKE!


(von Jana Hoffmeyer, Schulsozialarbeit)